Memorbuch, 1724

Tusche auf Pergament, 17 Seiten, 27,5 x 18 x 1,5 cm
1996 Ankauf durch den Verein der FREUNDE der Museen der Stadt Wien für das JMW

Das kostbare Memorbuch aus Wien besteht aus 17 Pergamentblättern, auf denen handschriftlich in Tusche verschiedene Gebete, Segenssprüche und Lobpreisungen festgehalten sind. In den ebenfalls enthaltenen Nachrufen wird an verstorbene Gemeindemitglieder erinnert, etwa an Samuel Oppenheimer (1630-1703), den Financier der Türkenkriege unter Prinz Eugen oder an Samson Wertheim (1658-1724), den Unterstützer Leopold I. im Spanischen Erbfolgekrieg.

Dieses Memorbuch verweist auch auf die wechselhafte Geschichte der Juden Wiens vom 15. bis ins 18. Jahrhundert. Nach der Vertreibung und Ermordung der Wiener Juden 1420/21 unter Albrecht V. lassen sich erst wieder ab 1584 einzelne hofbefreite Juden in Wien nieder. Bis um 1600 hat sich dank weiteren Zuzugs ein lebendiges jüdisches Gemeindewesen im Stadtzentrum Wiens in der Gegend der Himmelpfortgasse entwickelt.

1624, genau 100 Jahre vor der Niederschrift des Memorbuches, werden unter Ferdinand II. die hofbefreiten Juden in ein Getto verwiesen, das außerhalb der Stadtmauern im sogenannten „Unteren Werd“ liegt. In den nächsten Jahrzehnten wächst diese neue Judenstadt im Bereich des heutigen Karmelitermarktes im zweiten Bezirk auf 132 Häuser an.

1670 verfügt Leopold I. die zweite Vertreibung der Juden aus Wien, die unblutig verläuft. Die ehemalige Judenstadt wird in Leopoldstadt umbenannt. Bereits zehn Jahre später erhalten Samuel Oppenheimer und danach sein Neffe Samson Wertheimer das Privileg, als Hoffaktoren samt Haushaltung wieder zurück nach Wien zu kommen. Um 1700 leben zehn privilegierte jüdische Familien in Wien.