Poesiealbum der Fanny von Arnstein, ca. 1810

Handschrift auf Papier, 144 Blätter, 11,5 x 8,5 cm
2009 Ankauf durch den Verein der FREUNDE für das JMW

Daniel Itzig, der Vater von Fanny von Arnstein (1758-1818), war Hoffaktor von Friedrich II. in Berlin und erreichte hier als erster Jude 1771 die Einbürgerung. Im Salon der Familie Itzig verkehrten Künstler und Gelehrte wie etwa Moses Mendelsohn, die die Zeit der jüdischen Aufklärung prägten. Fanny von Arnstein ist in Berlin in einem Klima der Geistesfreiheit und Toleranz aufgewachsen und kam durch die Heirat mit Nathan Adam von Arnstein 1776 in das Wien Maria Theresias.

Am Wiener Hof durften Juden Maria Theresia nicht einmal unter die Augen treten und mussten ihre Anliegen hinter einem Wandschirm vortragen. Erst unter Joseph II. verbesserten sich teilweise die Lebensbedingungen für Juden.

Die Familie Arnstein genoss in Wien großes Ansehen. Fannys Schwiegervater war Hoffaktor von Franz I. – dem Nachfolger von Joseph II. – und ihr Ehemann wurde später in den Freiherrenstand erhoben. Dennoch lebte auch die geadelte Familie von Arnstein in ihren Rechten eingeschränkt. Fanny, deren bürgerlicher Salon einer der Treff- und Mittelpunkte des gesellschaftlichen und politischen Lebens wurde, empfing ihre Gäste die meiste Zeit ihres Lebens in gemieteten Wohnungen. Juden war zu ihrer Zeit in Wien der Erwerb von Grundbesitz verboten.

Fanny von Arnstein präsentiert sich in dem von den FREUNDEN angekauften eigenhändig geführten Poesiealbum von einer persönlichen Seite. Ihre Einträge sind meist in Französisch, die lingua franca gebildeter Kreise, nicht nur zur Zeit des Wiener Kongresses. Die Mitbegründerin der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde blieb ihrem jüdischen Glauben lebenslang treu und wurde eine Symbol- und Leitfigur der jüdischen wie der weiblichen Emanzipation.